14. bis 30. Oktober
Wir kommen erst spät in Uyuni los und machen deshalb schon nach 100km einen Übernachtungsstop. Hier zwischen Felsen und in der Nähe eines Flusses ist es fast wie im Bilderbuch. Außerdem haben wir uns in Uyuni ein Stück frisches Lamafleisch besorgt mit dem jetzt unser Grill eingeweiht wird. Dazu eine gute Flasche bolivianischen Wein…
Cochabamba ist das Herz Boliviens. Das merken wir vor allem und hautnah auf dem Weg dorthin. Der Pass geht über 500km, ist einspurig, zur Hälfte eine Baustelle und sehr kurvig. Die unzähligen LKWs, die mit ihren Gütern zwischen La Paz und Cochabamba pendeln, nehmen keine Rücksicht auf Verluste: Sie rasen, egal ob bergauf oder bergab, sie überholen in der Kurve und wissen wohl nicht so genau wo ihre Bremse ist. Auf dem Weg über die Berge hat man eine super Aussicht, die allerdings durch den ganzen Müll getrübt wird. Ganz Cochabamba scheint hier seinen Müll abzuladen – traurig, denn wieder einmal sehen wir, dass es für Müllentsorgung kein Verständnis gibt. Doch wer denkt über die Umwelt nach, wenn er kein fließendes Wasser, keine Toilette oder kein Geld für Schulmaterial hat? Sogar die Straßenhunde warten gierig am Fahrbahnrand darauf, dass jemand etwas für sie Essbares aus dem Fenster wirft. Cochabamba hat ein super mildes Klima. Nach den Tagen in der Kälte freuen wir uns darüber unsere kurzen Hosen auspacken zu können und die Stadt mit ihrem endlos wirkenden Markt und den Plätzen mit Palmen genießen zu können. Die alten bunten Busse – die wir auch in La Paz wieder treffen werden – erinnern uns an Manila. Den Abend verbringen wir im Kino, bevor es am nächsten Morgen schon wieder zurück geht nach La Paz.
Die Strecke zwischen Cochabamba und La Paz ist lang. Eigentlich wollen wir vor der Großstadt noch einen Übernachtungsstop machen. Doch das Wetter wird immer schlechter, es ist kalt und windig. Außerdem gibt es an der großen Straße kaum eine Möglichkeit zu campen. Auch wenn ich kein Fan davon bin nachts in einer Stadt anzukommen, die dazu als nicht ganz ungefährlich gilt, beschließen wir weiter zu fahren. Oberhalb von La Paz befindet sich „El Alto“. Auch wenn „El Alto“ eigentlich zu La Paz gehört, ist es dennoch ein ganz eigenständig wirkender und unabhängiger Stadtteil. Von dort aus fahren wir auf La Paz zu. Von hier oben hat man einen unglaublichen ersten Blick auf die Millionenstadt (dass hier „nur“ 1,4Mio. Menschen wohnen sollen, glauben wir nicht ganz). Die Stadt in ihrem Kessel leuchtet regelrecht. Als unsere Bremsen vom steilen bergab fahren schon fast glühen und wir unten ankommen, schüttet es wie aus Kübeln. Als dann unser Bus nicht in die Garage des Hotels passt, ist die Stimmung komplett am Boden. Wir müssen den Bus mitten in der Stadt draußen an der Straße parken und in einem schäbigen, feucht riechenden Zimmer übernachten. Ein Lichtblick ist die heiße Dusche und das schöne English-Pub, in dem wir den Abend verbringen. Unser Bus braucht einen Parkplatz, also fahren wir am nächsten Morgen zurück nach „El Alto“ zum Flughafen um dort noch eine Nacht zu verbringen. Die Berge sind so steil, dass wir sogar im ersten Gang zu kämpfen haben. Um die Ecke fährt die rote Seilbahn (natürlich österreichischer Hersteller mit schweizer Kabinen) – eine von dreien, die vor einigen Jahren gebaut wurde. Die Aussicht von oben ist atemberaubend. Die Stadt im Tal und in der Ferne die 6000m Hohen schneebedeckten Berge. Die Stadt hat Charme, ist aber auch trist, leidet unter hoher Minivan-Luftverschmutzung, hat viele alte hässliche Ecken, sehr touristische Straßen in denen Eriks Lieblingsgetränk „Mocochinchi“ (Pfirsichsaft mit vieeeel Zucker) gleich das doppelte kostet und Märkte die nicht besonders sind – so ganz überzeugt sind wir nicht. Interessant ist der Hexenmarkt, auf dem je nach „Problem“ ein Teller mit Zutaten (Schnaps, Kräuter, Lamaföten, Seifen, Blumen…) zusammengestellt wird. Die Opfer werden dann in „El Alto“ von besonderen Heilern gesegnet und anschließend verbrannt. Spannend ist auch die Geschichte eines Amerikaners, der mitten in La Paz ein riesiges Schilfschiff baut und mit ihm von Südamerika nach Australien segeln will. Da er auf dem Weg zu einer Hochzeit ist, können wir das Schiff leider nicht besichtigen, finden aber später einen Zeitungsartikel darüber.
Während Erik eine Woche lang mit seinem Freund durch den kolumbianischen Dschungel jagt, entspanne ich im „Flowervalley“ 30km südlich von La Paz. Ich passe nicht nur auf den Bus auf, sondern befreie ihn von den zentimeterdicken Staubschichten, behandle die Rostflecken und sprühe die Stoßstange gelb an – was eher weniger gut funktioniert – naja, man könnte es sicherlich als Kunst bezeichnen. Das Wetter, die Aussicht und die Ruhe ist toll, dennoch freue ich mich Hannah und Hamish, die wir in Sucre kennengelernt haben, wiederzutreffen, eine Amerikanerin als Wanderpartnerin zum „Devils Tooth“ zu gewinnen und andere Leute zu treffen, die die Zeit dann noch schneller vergehen lassen.
Bevor wir ins Amazonasgebiet weiterfahren, machen wir noch einen Abstecher im „Valle de la Luna“ – dem Mondtal und verbringen noch einmal zwei Tage in La Paz. Das Dach am Flughafen ist niedriger geworden, so dass unser Dachgepäckträger dieses Mal daran hängen bleibt und sich verbiegt. Ärgerlich – aber wenn der Bus keine Probleme macht, machen wir sie uns selber. Es soll ja schließlich nie langweilig werden.
Kurz nach La Paz befindet sich die sogenannte „Death Road“. Eine Straße die 1996 zur gefährlichsten der Welt ernannt wurde, seit 2007 aber eine geteerte Umgehung gebaut wurde, nur noch eine Touristenattraktion ist. Die meisten fahren diese Straße mit einer Mountainbiketour, die man für 100US$ in La Paz buchen kann. Gefährlich war die Straße, weil sie eng und ungeteert ist, uneinsehbare Kurven und steile Klippen hat und die LKW Fahrer höchstwahrscheinlich viel zu schnell gefahren sind – heute aber für uns mit dem Bus kein Problem mehr. Sicher kribbelt es noch hier und da, es ist aber vielmehr die Umgebung die begeistert. Noch wissen wir auch nicht, dass die eigentliche „Todesstraße“ – mit Verkehr – erst kommen wird…